Fünf Gewohnheiten mutiger Menschen

Ihr Wegbegleiter auf dem Weg, das nächste Level zu erreichen und Potenziale auszuschöpfen!

Fünf Gewohnheiten mutiger Menschen

Wer mutige Menschen sehen möchte, der braucht im Zweifel nur ins Kino zu gehen. Auf den Leinwänden wird kaum eine Geschichte erzählt, in der es nicht um einen mutigen Protagonisten geht, der seine Furcht überwindet und etwas kaum für möglich gehaltenes auf die Beine stellt. Mut ist eine Kardinaltugend und hat es sogar in die fünf Scrumwerte geschafft. Klar, neue Arten der Zusammenarbeit erfordern auch immer Mut, um ausgetretene Wege zu verlassen. Und wenn wir über die Grenzen der Arbeitswelt hinausschauen, dann ist Mut heute in allen Bereichen des menschlichen Zusammenlebens gefordert.

Noch lange nicht jeder, der mutig handelt, besitzt auch zwangsläufig Mut. Mut wird für gewöhnlich als Gegensatz zu Feigheit gesehen und ein mutiger Mensch zeichnet sich dadurch aus, dass er seine Ängste überwindet und mutige Handlungsweisen an den Tag legt. Gleiche Handlungsweisen können jedoch auch aus Naivität und Unwissenheit gezeigt werden. Dann ist keine Überwindung von Ängsten vorausgegangen, denn dem Handelnden sind mögliche Folgen vielleicht gar nicht bewusst. Macht das einen Unterschied? In der Konsequenz für die anderen mit Sicherheit nicht, und gerade im Kino finden sich viele Geschichten, in denen ein naiver, sympathischer Held plötzlich zufällig die Welt rettet. Wenn er sich am Ende bewusst wird, in welcher Gefahr er schwebte, ist die Geschichte schon vorbei, und sein Nervenzusammenbruch erfolgt kurz vor dem Abspann. Demgegenüber stehen die Geschichten, in denen sich die Protagonisten ihren Ängsten stellen und bewusst Risiken in Kauf nehmen. Während die einen Plots eher für leichte Actionkomödien herhalten, findet man bei den letztgenannten oft tiefe Persönlichkeiten und Charaktere.

Ist diese Unterscheidung nun wichtig? Ja, für meine folgenden fünf Punkte macht es einen großen Unterschied, denn hier gehe ich von einer bewussten, mutigen Entscheidung in Kenntnis des Kontextes und der möglichen Konsequenzen aus. Im folgenden möchte ich fünf Gewohnheiten anführen, die für mich mutige Menschen kennzeichnen.

1. Sapere aude – Den Mut haben, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen

Wie schon Immanuel Kant geschrieben hat, gehört für mich der Mut, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen, zu einer grundlegenden Eigenschaft der Mutigen. In einer Zeit, in der Fake News in sämtlichen Medien auftauchen, Stimmungsmacher Wahrheiten verdrehen oder geschickt aus dem Zusammenhang reißen, da ist es wichtiger denn je zuvor, hinter die Kulissen zu blicken und sich eine eigene Meinung zu bilden. Und das Bilden einer eigenen Meinung ist nicht einfach. Es ist mehr, als das Nachplappern. Es erfordert das Informieren durch mehrere Quellen, das Einbeziehen von vielen unterschiedlichen Perspektiven und die konstruktive Auseinandersetzung mit einem Thema. Das kostet Zeit und Durchhaltevermögen. Es bedeutet, auch mal zu einem Thema keine Meinung haben zu müssen, weil man sich noch nicht mit dem Thema beschäftigt hat. Und es bedeutet, auch mal eine Meinung zu haben, die nicht dem entspricht, was die Mehrheit der Familie, des Freundeskreises oder der Gesellschaft vertritt. Ein Schwimmen gegen den Strom. Es ist viel einfacher, eine Meinung einfach zu adaptieren und mitzuschwimmen. Eine eigene Meinung erfordert hingegen einen festen Stand und Resilienz.

Neben dem Mut möchte ich an dieser Stelle eine weitere Tugend benennen, die Hand in Hand mit Mut geht: die Tapferkeit. Für mich stellt Tapferkeit sicher, dass der Held auch auf seinem Weg bleibt, wenn ihm die ersten Hindernisse in die Beine geworfen werden. Mut ist sozusagen der Auslöser, sich auf eine Reise zu begeben, Tapferkeit ist die Stärke, diese Reise auch durchzuführen. Tapferkeit folgt auf Mut, daher spielt sie nicht nur in dieser ersten Gewohnheit eine Rolle, sondern auch bei den noch folgenden.

2. Entwickeln von und Orientierung an Werten und Prinzipien

Aufbauend auf der ersten Gewohnheit, ist der mutige Mensch dann in der Lage, eigene Werte und Prinzipien zu entwickeln, die auf seinen eigenen Überlegungen beruhen und auf der eigenen inneren Stimme beruhen. Diese Werte repräsentieren das, wofür der Mensch eintritt und mutiges Verhalten zeigt. Dies zeigt auch eine gewisse Subjektivität der Beurteilung: Was der eine als mutiges Verhalten bezeichnet, bezeichnet jemand anderes, der mit komplett anderen Werten auf die Situation schaut, vielleicht als kindisch oder sogar als abzulehnendes Verhalten.

Werte und Prinzipien stehen in der Regel im Einklang mit einer Vision, die ein Mensch verwirklichen möchte. Sei es im Berufsleben oder in der Gesellschaft. Die Vision erklärt das “Wozu” und dient somit der intrinsischen Motivation. Um Angst zu überwinden und eventuelle negative Konsequenzen auf sich zu nehmen, bedarf es einer starken Motivation.

3. Selbstbild hinterfragen und Transparenz herstellen

Die vielleicht schwierigste Aufgabe für mutige Menschen stellt das kontinuierliche Hinterfragen von sich selbst dar. Wir leben in einer Gesellschaft, in der die Starken dominieren und niemand Schwäche zeigen möchte. Das (öffentliche) Zeigen von Emotionen und Gefühlen gilt als unprofessionel und Zeichen von Schwäche. Fehler zuzugeben kommt – leider noch zu oft – einem Eingeständnis von Versagen gleich. In so einem Umfeld vermeiden viele, sich angreifbar zu machen, indem sie hinter der Deckung bleiben und nicht viel von sich preisgeben. Fehler werden vertuscht oder anderen in die Schuhe geschoben, statt Verantwortung zu übernehmen. Gefühle, die in all unseren Entscheidungen immer eine Rolle spielen (wir sind menschliche Wesen, auch die Vorstandschefs!) werden verborgen und dadurch wichtige Signale ignoriert.

Das alles betrifft nur die Wahrnehmung, die andere von uns haben. Hier Offenheit und Transparenz zuzulassen erfordert schon eine Menge Mut. Noch mehr Mut benötigt man aber, wenn man sich selbst in Frage stellt. Wenn man seine eigenen Überzeugungen hinterfragt, auf den Prüfstand stellt und zu dem Schluß kommt, dass man sich überschätzt hat, eine Sichtweise übersehen hat, ein Talent vielleicht doch nicht vorhanden ist. Das kann den Menschen in eine Sinnkrise stürzen. Vielleicht muss das komplette Weltbild in Frage gestellt werden. “Wir sehen die Dinge nicht so, wie sie sind, sondern wie wir sind”, diese Weisheit ist schon uralt. Trotzdem erfordert es einen sehr großen Mut, sich diesen Ängsten zu stellen, und an den Grundfesten seiner innersten Überzeugung zu rütteln. Aber es ist gleichzeitig ein wichtiger Schritt in der Entwicklung eines Menschen und eröffnet neue Möglichkeiten.

An dieser Stelle kann man auch sehr schön sehen, wie groß der Einfluss des Mindset auf mutiges Verhalten ist. Jemand, der mit einem dynamischen Mindset (growth Mindset nach Dweck) durch die Welt läuft, wird viel weniger Angst davor haben, durch schwierige Aufgaben seine Identität zu hinterfragen oder nach außen zu beschädigen. Jemand mit einem starren Mindset (fixed Mindset nach Dweck) braucht schon sehr viel Mut, um das gleiche Verhalten zu zeigen. Wie man sieht ist die Eigenschaft Mut und die Fähigkeit zu beobachtbarem mutigem Handeln durch viele weitere Faktoren beeinflusst.

4. Konsequenzen und Nachteile abwägen

Zu Beginn hatte ich erwähnt, dass Mut und Naivität gleiches Handeln hervorrufen können. Der mutige Mensch kann aber aufgrund der oben beschriebenen Eigenschaften, von Informiertheit und eigenen Werten, sowie einer bewussten inneren Einstellung die möglichen Konsequenzen und Nachteile für sich selbst einschätzen und abwägen.

Und auch hier gilt, Werte und Prinzipien, sowie das Weltbild, das ein Mensch im Laufe der Jahre entwickelt hat, beeinflussen die Entscheidungen und Handlungsweisen. Lawrence Kohlberg wurde bekannt durch seine Studien zum moralischen Urteilsvermögen. Dabei legte er den Versuchspersonen Beschreibungen von moralischen Dilemmata vor. Diese mussten dann entscheiden, wie sie sich in den uneindeutigen Situationen verhalten würden. Das Heinz-Dilemma ist dabei eines der bekanntesten. Die Probanden sollten entscheiden, ob der Ehemann einer kranken Frau in die Apotheke einbrechen sollte, um ein überlebenswichtiges Medikament zu stehlen, dass seine Frau retten würde, aber zu teuer für ihn ist. Diese Dilemmata haben keine richtige Antwort, Kohlberg kam es auf die Art und Weise an, wie die Teilnehmer ihre Entscheidungen begründeten. Ist der Mann mutig, wenn er des Nachts in die Apotheke einbricht um seiner Frau das Leben zu retten? Ist es feige, nicht einzubrechen? Auch dann, wenn es nichts mit Angst zu tun hat, sondern mit der Überzeugung des Mannes, dass fremdes Eigentum geschützt werden müsse? Ist die Entscheidung dann nicht sogar eher mutig? Das spannende für Kohlberg waren die Gedankengänge der Befragten, die sehr stark von Werten, Entwicklung und Erfahrung abhingen.

Bezogen auf mutiges Verhalten könnte man also auch wieder sagen, dass es auch Mut erfordert, eine Verhaltensweise an den Tag zu legen, die von den anderen als feige angesehen wird. Also sozusagen Gruppendruck zu widerstehen. Wichtig ist nur, dass ein aktives Auseinandersetzen stattfindet, und Konsequenzen und Nachteile absehbar sind.

5. Nein sagen können

Ich habe überlegt, ob die fünfte Gewohnheit nicht schon in der vorherigen ausreichend berücksichtigt wurde. Aber ich persönlich finde es sehr wichtig, darauf einzugehen, wie viel Mut es erfordern kann, “Nein” zu sagen, so dass ich diesem Punkt einen eigenen Abschnitt spendiert habe.

Der Mensch ist durch lange Jahre der Evolution und Geschichte für das Zusammenleben geprägt worden. Und es gibt einige Prozesse, die unwillentlich ablaufen, die es uns erschweren, in gewissen Situationen “Nein” zu sagen. Gruppendruck und Beeinflussung spielen dabei eine große Rolle.

Was sich im Berufsalltag schon als schwierig erweist – ich kenne Menschen, die einen vollen Schreibtisch, eine überfüllte Email-Inbox und eine wartende Familie zu Hause haben und dennoch jede Anfrage zähneknirschend annehmen – ist auf gesellschaftlicher Ebene noch viel problematischer. Bei der Arbeit kommt vielleicht die Angst vor negativen Konsequenzen für die Karriereplanung oder vielleicht der Verlust des Arbeitsplatzes in den Sinn. Auf gesellschaftlicher Ebene steht die Angst vor Ausgrenzung, Isolation und sozialer Ächtung.  Hier den Mut aufzubringen und für seine eigenen Überzeugungen einzustehen ist eine große Herausforderung.

Ein kleiner Tipp für alle, denen ein “Nein” nur schwer über die Lippen kommt: Es ist sehr hilfreich, sich einen eigenen, nicht diskutierbaren Rahmen zu setzen, über den man nicht hinausgehen wird. Die Beschäftigung damit ausserhalb der konkreten Situation und das Bewusstmachen, aus welchen Gründen der Rahmen so gewählt wurde, unterstützt in der Situation, wenn der Chef dann doch wieder am Schreibtisch steht oder der Gruppendruck steigt.

Ein paar Gedanken zum Abschluss

Sicherlich wird es viele Menschen geben, die Mut ganz anders definieren. Für mich aber ist der Mut eines schüchternen Mädchen, das sich freiwillig für ein Erdkundereferat vor der gesamten Klasse meldet, obwohl es weiß, dass es aus Nervosität drei Tage vorher nicht mehr Schlafen und Essen können wird, genauso hoch einzuschätzen, wie der einer Startup-Gründerin, die dafür einen sicheren Job als Angestellte hinter sich lässt und finanziell ungewisser Zukunft entgegengeht. Und beide beweisen mehr Mut, als der Mitläufer, der ohne nachzudenken der Masse bei einer Protestaktion hinterherläuft, nicht bewusst der Gefahren und Risiken, denen er sich aussetzt, auch wenn es von außen betrachtet vielleicht viel mutiger erscheinen mag.

Die Unterscheidung zwischen dem, was ich als Mut (innere Prozesse) und mutiger Handlung (beobachtbares Verhalten) bezeichne spielt dabei eine große Rolle. Mut ist sehr individuell und nur durch Beobachtung zu erfahren. Mutiges Verhalten, das man beobachten kann, ist aber immer abhängig von der Perspektive und den Werten, mit denen man es beurteilt.

Wir sollten Menschen also nicht in Schubladen stecken, als mutig oder feige kategorisieren, sondern sie und ihre Beweggründe kennenlernen. Manchmal entdeckt man den größten Mut dort, wo man ihn nicht erwartet hätte. Und ganz besonders sollten wir in uns selbst hineinhorchen und uns täglich ein kleines wenig mehr aus der Komfortzone herauswagen. Ganz bewusst und mit für uns akzeptablen Schritten. Denn ich bin überzeugt, dass man Mut auch trainieren und entwickeln kann. So wie das kleine Mädchen mit seinem Erdkundereferat.

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert